Jahrelang habe ich davon geträumt, diese wunderschönen Schafe am Grünen Steig in der Ortschaft Stücken in meiner Obhut zu haben. Bin immer wieder dort hingewandert, hab die kleinen, scheuen Tiere mit ihren dünnen Beinen beobachtet und mich geradezu verliebt in die wolligen Persönlichkeiten.
Als der bisherige Schäfer Josef Langner dann 2018, nach mehr als 20 Jahren, altersbedingt einen Nachfolger und Kümmerer für seine Schafe suchte, gab es für mich kein Halten mehr. Es war an der Zeit – jetzt Schafe. Wie Josef Langner möchte auch ich als Züchterin zur Erhaltung der “Ostpreußischen Skudde” beitragen. Herr Langner unterstützte mich in den ersten Monaten, manchmal skeptisch beäugend, mit all seinen Erfahrungen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Wanderer auf dem Ortolan-Rundweg verweilen gern am Rastplatz am Grünen Steig. Sie beobachten die Schafe, die Entwicklung der Herde und der Lämmer. Besonders für Familien mit Kindern sind die liebenswerten Tiere in dieser tollen Landschaft ein besonderes Erlebnis. Treffen sie mich vor Ort, teilen sie ihre Beobachtungen mit mir und ich antworte gern auf die vielen Fragen, die dann oft auf mich einstürmen.
Meine Bemühungen zum Erhalt der seltenen Schafrasse werden besonders von Naturfreunden sehr wertgeschätzt. Oft werde ich aber auch gefragt, warum ich mir diese Arbeit antue. Dann verweise ich auf dieses besondere Fleckchen Erde mit den Obstbäumen, eingebettet zwischen Acker und Wald als Lebensraum für Kleintiere, Vögel und vieles mehr. Dieses Kleinod ist für mich wie ein kleines Stück vom Himmel, ein wunderbarer Rückzugsort vom hektischen Alltag und Beruf.
Jährlich zu Ostern werden die Lämmer geboren. In dieser wunderbaren Zeit nehme ich mir Urlaub, um die winzigen Wesen mit ihrem unglaublichen Lebenswillen zu erleben und zu beobachten, wie sie täglich mutiger und vorwitziger die Welt erfahren. Dass diese Idylle bedroht ist, musste ich bereits wenige Monate nach der Übernahme der Herde erfahren. Vier Schafe wurden im Oktober 2018 Opfer eines Wolfsangriffs. Diese Bilder lassen einen nie mehr los.
Nun sollen Elektroschutzzäune mit Untergrabschutz, Nachtpferch, Herdenschutzhunde und Lamas die Wölfe abhalten. Der zusätzliche Arbeitsaufwand und die Kosten sind erheblich und die Möglichkeiten begrenzt. Eigentlich wollte ich doch nur Schafe halten. Hätte ich die Unterstützung meiner Familie nicht, könnte ich das alles nicht leisten. Doch ich will diesen Ort, der früh morgens und spät abends nur die Geräusche der Natur und der friedlichen Schafe aussendet, als Ort der Seelenruhe erhalten.
Anja Brandenburg